Steuerpflicht von Erstattungszinsen: Finanzgericht billigt Rückwirkung

Der Gesetzgeber hat per Gesetz die Steuerpflicht von Zinsen auf Steuererstattungen wieder eingeführt, nachdem der Bundesfinanzhof, mit guten Gründen, es zunächst abgelehnt hatte, diese Zinsen steuerpflichtig zu machen. Dazu muss man wissen, dass auf der anderen Seite Nachzahlungszinsen steuerlich nicht abziehbar sind. Deshalb hat der BFH gesagt, wenn einerseits nicht abgezogen werden darf, kann andererseits nicht eine Steuerpflicht vorliegen. Einfach und verständlich.

Das passte aber offensichtlich der Finanzverwaltung nicht, deshalb wurde ein Gesetz eingebracht, das diese Rechtsprechung im Ergebnis aufhebt. Letztlich hat der Gesetzgeber, also unsere Abgeordneten des Bundestags, und die Mitglieder des Bundesrats, nur abgenickt, was die Finanzverwaltung vorgelegt hat.

Das ist schon mal skandalös meines Erachtens. Es wird aber noch besser. Denn diese Gesetzesänderung gilt rückwirkend, und zwar für alle noch offenen Fälle, also auch dann, wenn Sie die Erstattung vor Ergehen des Gesetzes erhalten haben, aber der Steuerbescheid noch nicht ergangen ist. Man kann kaum glauben, dass die entsprechenden Gremien hier nicht ein Mindestmaß an rechtstaatlicher Verantwortung zeigen.

Und jetzt kommt die Krönung:

Das Finanzgericht Münster hat diese Rückwirkung sogar für verfassungsmäßig unbedenklich erklärt. Nach dem Motto, „ein guter Jurist kann alles begründen“, wird diese Rückwirkung damit gerechtfertigt, dass man ja vor dem Urteil des Bundesfinanzhofs mit der Steuerpflicht habe rechnen müssen, und man auch nicht darauf habe bauen können, dass diese Rechtsprechung Bestand haben würde.

Es handelt sich wohlgemerkt um die Rechtsprechung des höchsten deutschen Finanzgerichts, auf deren Bestand man offenbar nicht vertrauen darf. Welches Rechtsverständnis spricht daraus ? Unglaublich !

Immerhin hat das Finanzgericht eine Revision zugelassen, so dass letztlich der Bundesfinanzhof selbst darüber entscheiden wird. Man darf gespannt sein !

Das Urteil kann man hier bei der DATEV nachlesen. Interessant ist, die Steuerjuristen unterscheiden hier wieder mal zwischen der sog. „echten“ und der „unechten“ Rückwirkung. Beides sind faktisch Rückwirkungen, aber Juristen können das mit entsprechenden Argumenten unterscheiden. Verboten sind „echte“, erlaubt sind „unechte“. Aber: Hier handelt es sich sogar nach Aufassung der Richter um eine „echte“, in diesem speziellen Fall ist aber auch die „echte“ erlaubt.

Kann das ein normaler Steuerpflichtiger noch nachvollziehen ? Muss er ja auch nicht, dafür gibt es ja Spezialisten. Nur zahlen, das muss er selber.

Äusserst bedenklich, wie ich finde. Hoffen wir, dass der BFH das geraderückt.

Harald Kern, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Aschaffenburg, www.kern-hess.de

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