Mit dieser Überschrift ist ein Artikel bei www.mittelstanddirekt.de überschrieben. Da darin viele verbreitete Irrtümer, Halbwahrheiten und Vorurteile genannt sind, möchte ich das zum Anlass nehmen, mal ein paar Dinge zum Thema Betriebsprüfung zu kommentieren oder richtigzustellen.
Generell gilt, worauf ich schon seit Jahren auch in meinen Vorträgen zum Thema Betriebsprüfung hinweise: Eine Betriebsprüfung lässt sich nicht sicher vermeiden, aber Sie können die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsprüfung erheblich beeinflussen. Zumdest dann, wenn Sie nicht aufgrund der Größenordnung Ihres Unternehmens sowieso der regelmäßigen Betriebsprüfung unterliegen.
Hier zu den Thesen aus dem Artikel bei www.mittelstanddirekt.de :
„1. Finanzamt beanstandet mehrfach Steuererklärungen
Sie provozieren eine Betriebsprüfung, wenn Sie häufiger wegen verspäteter oder unvollständiger Abgaben von Steuererklärungen auffallen.
Außerdem sollten Sie aufmerksam sein, wenn häufig Nachfragen zu Angaben kommen oder das Finanzamt zusätzliche Unterlagen anfordert. Diese Vorgehensweise von Seiten des Finanzamtes deutet darauf hin, dass die Sachbearbeiter skeptisch sind und die Sachverhalte durch eine Betriebsprüfung klären möchten. “
Kommentar: Das Finanzamt prüft regelmäßig Ihre Angaben, und fordert wenn notwendig Belege an, soweit die nicht sowieso schon beiliegen. Eine Anforderung im Rahmen der Steuerveranlagung ist eher ein Zeichen dafür, dass der Beamte den Fall abschließend prüfen will.
Verspätete Abgabe ist zumindest bei fehlender Verlängerung der Frist tatsächlich ein Faktor, der die Prüfungswahrscheinlichkeit erhöht.
„2. Gewinn des Unternehmens schwankt stark
Normalerweise entwickeln sich Umsatz und Gewinn gleichmäßig. Ein Grund für eine Prüfung kann vorliegen, wenn der Gewinn bei stetiger Umsatzentwicklung schwankt. “
Kommentar: Das ist zwar wirtschaftlicher Quatsch, erhöht aber tatsächlich die Wahrscheinlichkeit der Prüfung, zumindest wenn keine plausiblen Gründe für die Schwankungen ersichtlich sind oder dargelegt werden.
„3. Umsatz oder Gewinn weichen vom Branchendurchschnitt ab
Das Finanzamt verfügt über Richtsatzsammlungen. Sie fassen den durchschnittlichen Gewinn und Umsatz verschiedener Gewerbe zusammen. Eine Prüfung ist wahrscheinlich, wenn Ihre Ergebnisse deutlich von denen in der Richtsatzsammlung abweichen. “
Kommentar: Das ist genauswowenig ein Hinweis auf eine bevorstehende Prüfung wie die beiden vorigen Punkte, kann aber – verständlicherweise – tatsächlich ein Anlass für eine Prüfung sein.
„4. Hohe Einlagen und Entnahmen bei nur geringem Privatvermögen
Das Finanzamt trennt nicht zwischen privat und geschäftlich: Ihre finanzielle Situation sollte es erlauben, wenn Sie etwa teure Gegenstände in Ihr Unternehmen einbringen oder ins Privatvermögen überführen.
Das Finanzamt könnte sonst vermuten, Sie hätten Einnahmen nicht angegeben ein Anlass für eine Betriebsprüfung. “
Kommentar: Auch das ist kein Hinweis auf eine Prüfung, sondern eher ein Hinweis auf andere Dinge …., und deswegen erhöht sich auch hier die Wahrscheinlichkeit einer Prüfung. Aber das kann man ja selbst beeinflussen.
„5. Die Rechtsform hat sich geändert
Ein häufiger Anlass für eine Betriebsprüfung sind Änderungen in der Unternehmensrechtsform, zum Beispiel ein Wechsel vom Einzelunternehmen zu einer OHG.
Bei dieser Betriebsprüfung soll geprüft werden, ob durch den Rechtsformwechsel Vermögen oder Einnahmen verschleiert wurden.“
Kommentar: Das halte ich nicht für stichhaltig. Aufgrund der komplexen steuerlichen Fragen, die bei einem Rechtsformwechsel zu behandeln und zu beachten sind, steigt einfach das Risiko, dass steuerlich Fehler gemacht werden. Deshalb ist ggf. aus der Sicht des Finanzamts eine Prüfung angesagt. Dass dadurch Vermögen oder Einnahmen verschleiert werden würden, isz meiner Einschätzung nach keine Befürchtung des Finanzamts. Allenfalls hofft man, durch Fehler bei der Umsetzung des Rechtsformwechsels zu zusätzlichen Steuern zu kommen.
Wie man sieht, sind die meisten Punkte doch eher nicht zutreffend, oder eher Anlass einer Prüfung als Anzeichen dafür. Gut, dass man das – entsprechende Beratung vorausgesetzt – doch auch in gewissem Umfang beeinflussen kann.
Da auch ein Prüfer des Finanzamts unter einem gewissen Ergebnisdruck steht, ist die beste Prüfung aus der Sicht des Steuerpflichtigen immer die, die gar nicht, oder zumindest nicht bei einem selbst, stattfindet (St. Florian lässt grüssen).
Ein paar weitere Anmerkungen zu Thema Betriebsprüfung gibt es auch auf unserer Kanzleiwebseite.
Harald Kern, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Aschaffenburg, www.kern-hess.de