Mehr Bürokratie durch Erbschaftsteuerreform

Um zu vermeiden, dass neue Vorschriften neue Bürokratie schaffen, gibt es den Nationalen Normenkontrollrat. Wußte ich auch nicht. Der soll Gesetzesvorhaben vor der Verabschiedung prüfen und Hinweise geben. Das funktioniert natürlich nur, wenn den Hinweisen auch Gehör geschenkt wird.

Wie das in der Praxis aussieht, zeigt sich am Beispiel der Erbschaftsteuerreform, zu der der Rat Folgendes bemerkt:

„Insgesamt hat der Rat den Eindruck, dass bei der Erarbeitung der Konzeption des Gesetzentwurfs die Frage der damit verbundenen bürokratischen Belastung keine angemessene Rolle gespielt hat. ….

Nach Einschätzung des BMF (Anm.: BMF = Bundesfinanzministerium) führt der Gesetzentwurf zu jährlichen Bürokratiekosten für die Wirtschaft in Höhe von rund 4,8 Mio. Euro. Der Rat hat Zweifel, ob die bürokratische Belastung damit zutreffend wiedergegeben wird. …..“

Der Rat nennt dann einige Beispiele, in denen er erheblich größere Kosten schätzt, als sie vom BMF angenommen werden. Ein Beispiel sei stellvertretend herausgegriffen:

„Außerdem dürfte die Bestimmung des Ertragswertes bei gewerblichen und landwirtschaftlichen Unternehmen ( § 12 ErbStG i.V.m. §§ 109, 162 BewG) in vielen Fällen den vom BMF zugrunde gelegten Zeitaufwand von 64 bzw. 62 Minuten deutlich überschreiten. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Bürokratiekosten. So würde sich bei Ansatz von durchschnittlich 10 Stunden pro Unternehmensbewertung – etwas mehr als ein Arbeitstag – die Belastung durch diese Informationspflichten von 536 Tsd. Euro auf 5,13 Mio Euro erhöhen.“

Anmerkung: In 64 Minuten kann ein Finanzbeamter eine Unternehmensbewertung nicht einmal prüfen, selbst dann nicht, wenn sie von einem Steuerberater bereits im Detail vorbearbeitet ist.

Leider hat die Bundesregierung bzw. das Bundesfinanzministerium auf die Bedenken des Nationalen Normenkontrollrates lapidar mit den sinngemäßen Worten reagiert, man bleibe bei den vorgenommenen Berechnungen.

Man wundert sich doch, mit was für weltfremden Annahmen solche Gesetze durch die Minsterialbürokratie vorbereitet, und am Ende durch die Parlamentarier abgesgnet werden.

Harald Kern, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Aschaffenburg, www.kern-hess.de

Quelle: Kölner Steuerdialog 3/2008 S. 15921
und BR-Drucksache zu Drucks. 4/08 v. 23.01.2008

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